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  Bernd Linke und Angelika Lozar, Berlin

Non (solum) scholae, sed (etiam) vitae -

Latein und Griechisch zwischen Schule und Universität

 

Der Marburger "Millennium-Kongress" des Deutschen Altphilologenverbands vom 28. April bis 2. Mai 2000 hat - nicht zuletzt durch die große positive Resonanz, die er in vielen Medien hervorrief (vgl. hierzu Forum Classicum 3/2000) - bewiesen, wie zeitgemäß das Erlernen und damit auch das Studium des Griechischen und des Lateinischen gerade heutzutage noch immer oder wieder sind. Nach den Worten des Altbundespräsidenten Roman Herzog tragen diese Fächer entscheidend dazu bei, die Wurzeln unserer heutigen "wissenschaftlich und technisch orientierte(n) Gesellschaft" zu erkennen, die zu einem wichtigen Teil in der griechischen und lateinischen Antike liegen.

In seinem Vortrag "Der Schüler als Endprodukt" machte auch Michael Rutz deutlich, dass insbesondere die Kenntnis der "Basissprache" Latein und ihres historisch-kulturellen Kontextes - zu dem neben der "heidnischen" Antike natürlich auch das Christentum in seiner abendländischen Ausprägung gehört - einen großen Anteil daran hat, "junge Menschen für eine moderne, mobile und globale Gesellschaft (zu) befähigen" (ebd. 151). Mit Recht fordert Rutz daher ein "leistungsorientiertes Bildungssystem", welches sich an den Idealen "Wertorientierung, Internationalität, Vielgestaltigkeit, Bildungswettbewerb und Zeitökonomie" ausrichtet (ebd. 155). Und in diesem leistungsorientierten Bildungssystem spielen nach Rutz vor allem das Lateinische, aber auch das Griechische eine ganz wesentliche Rolle.

Dass bei den auf dem Marburger Kongress angestellten Überlegungen die schulische Ausbildung in diesen beiden Fächern im Vordergrund stand, ist verständlich angesichts der immer wieder einmal - auch seitens der Politiker - in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen über Sinn und Unsinn des Latein- und Griechischunterrichts. Und es ist auch klar, dass das erste Ziel all derjenigen, die für den Fortbestand dieser beiden Fächer kämpfen, darin besteht, der "betroffenen" Öffentlichkeit klarzumachen, dass an der Sinnfrage gar nichts zu deuteln ist, dass Latein und Griechisch immer noch ihren unbestreitbaren Rang im schulischen Fächerkanon haben - und in Zukunft haben werden.

Doch nicht nur die deutsche Schul-, sondern die deutsche Bildungspolitik insgesamt ist in Bewegung geraten - angefangen von der Grundschule bis hin zur Universität. Kulturbürokraten, Schulpolitiker, Lehrer und Hochschullehrer sehen sich den bohrenden Fragen der Öffentlichkeit nach Organisation, Effizienz und Effektivität des Millionen betreuenden und dabei Milliarden verschlingenden deutschen Bildungswesens ausgesetzt.

Während zunächst eher über Quantitäten (Kosten, Bedarf von Lehrenden an Schulen und Hochschulen, Unterrichtsausfall etc.) diskutiert wurde, rückt mittlerweile auch die Frage der Ausbildungsqualität in Deutschland in den Vordergrund des Interesses, gespeist durch die ernüchternden Resultate internationaler Vergleichsstudien und die Konsequenzen der Green-Card-Diskussion. Kritik an der Effektivität der Bildungsleistungen der Grundschulen, der Sekundarschulen und - daraus zum Teil resultierend - der Universitäten evoziert die wechselseitige Kritik all dieser Bildungsinstitute, aber auch die berechtigte Kritik der Hauptbetroffenen, nämlich der Lernenden und Lehrenden an diesen Einrichtungen.

Der Übergang vom Gymnasium auf die Universität ist in der Tat ein Problem. Während die Passage von der Grund- auf die Oberschule nicht nur durch Beratung seitens der Grundschullehrer, durch Informationsveranstaltungen, "Tage der Offenen Tür" und andere Werbeveranstaltungen der Oberschulen gründlich vorbereitet wird, sondern die Schülerinnen und Schüler auch in Bildungsanstalten eintreten, deren Organisations- und Arbeitsformen denen der Grundschulen recht ähnlich sind, fordert der Übergang vom Gymnasium auf die Universität von den "Neophyten" weitaus größere Anpassungsleistungen.


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Die Abiturienten kannten ihre Lehrer von der ersten Gymnasialklasse an, sie waren ein System gewohnt, das Fehler, besonders auch Organisationsfehler, nicht nur ausnahmsweise, sondern grundsätzlich verzeiht, etwa im Hinblick auf Fach-/Kursfachwechsel, nicht pünktlich erledigte Hausaufgaben etc. Ein Lehrer verfolgt - zumindest im Normalfall - nicht das Ziel, seinen Schülern Steine in den Weg zu legen; er fühlt sich im Gegenteil auch dafür verantwortlich, ihnen bei der Vorbereitung ihres beruflichen Werdegangs zur Seite zu stehen, sie zu betreuen, ihnen als Ansprechpartner zu dienen. Die Massenuniversität dagegen scheint entpädagogisiert. Und so erfahren die Studenten in vielen Fächern oft schon im ersten Semester schmerzlich, was es heißt, für die eigene Ausbildung verantwortlich zu sein. Wer dieser Anforderung nicht gewachsen ist, scheitert - oft nach vielen, verlorenen Semestern - an der Großorganisation Universität und speist die bestürzend hohe Zahl der Studienabbrecher.

Vor allem in der heutigen Zeit, wo es sich auch in akademischen Kreisen herumgesprochen haben dürfte, wie wichtig eine berufsorientierte Ausbildung ist und dass die Tage der Langzeitstudenten gezählt sind, ist die Universität dringend gefordert, ihren potentiellen wissenschaftlichen Nachwuchs, d. h. die Oberstufenschüler schon vor Studienbeginn anzusprechen und sich mit wohlvorbereiteter Nachwuchswerbung sowie gezielten Ausbildungsangeboten und daraus resultierenden realistischen Berufsperspektiven "transparent" zu machen. Das gilt sowohl für Massenfächer als auch für die sog. Kleinen oder Orchideenfächer.

Hier reicht es allerdings nicht aus, eine einmalige, mehr pauschale "Studienberatung" anzubieten, die nach Aussage der zukünftigen Studenten häufig eher zu Irritationen führt. Und auch wenn die Universitäten Einführungsveranstaltungen und Selbsthilfegruppen für Erstsemester anbieten, wenn das Gymnasium Berufsberatung offeriert und freundliche Mahnungen ausspricht - das elementare Hemmnis des Erfahrungsmangels und der Schwellenangst läßt sich durch diese anerkennenswerten Ansätze vor allem in den Massenuniversiäten nicht wegräumen.

Eine organisatorische Verzahnung von gymnasialer Oberstufe und Universität ist natürlich weder erstrebenswert noch überhaupt realisierbar. Doch können Partnerschaften zwischen Gymnasien und Instituten der Universität ein Weg sein, die gröbsten Erfahrungsmängel zu verhindern und daraus resultierende Fehleinschätzungen zu beseitigen, Ängste abzubauen, überhaupt die Vorstellungen der Oberstufenschüler von ihrem künftigen Studium plastisch und realitätstauglich zu machen: "Ist das, was ich hier erfahre, das, was ich mir wünsche? Oder ist dieses Studium oder überhaupt ein Studium doch nicht passend für mich, meine Ziele und meine Fähigkeiten?" Gut, wenn ein Gymnasiast solche Erfahrungen vor dem Abitur macht oder zumindest die Chance hat, seine Ziele zu präzisieren - und nicht erst als Student, nach mehreren Semestern.

Um verbesserte, individueller gestaltete Informationsangebote für Abiturienten bemühen sich mittlerweile mehrere Institute der Freien Universität Berlin. Man öffnet sich bereitwillig interessierten Gymnasien, versendet informative Broschüren und Vorlesungsverzeichnisse, spricht Einladungen zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen, Vorträgen oder "Tagen der Offenen Tür" aus. Ob allerdings solche eher allgemein ausgesprochenen Angebote und Einladungen wirklich immer den wichtigsten Adressaten, den künftigen Studenten und Noch-Schüler erreichen und so erfolgreich sind, wie sich das die Universität erwünscht oder vorstellt, ist - nach den bisherigen Erfahrungen jedenfalls - nicht genau erkennbar. Doch ist sicherlich davon auszugehen, dass die Universität genauso wie das Gymnasium, das die Grundschüler dort abholt, wo sie sich befinden, ihrem Nachwuchs mit Kommunikationsangeboten entgegentreten sollte, die seinen Erfahrungen entsprechen.


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Um nicht missverstanden zu werden: Dies heißt nicht, in irgend einer Weise Organisationsform und Leistungsanspruch der Universität zu verhüllen oder zu verleugnen. Die Gymnasiasten sollen ja gerade mit der Realität der Universität bekannt gemacht werden. Sie werden aber eher geneigt sein, neugierig und offen eine universitäre Einrichtung zu besuchen, wenn sich ihnen dieser Besuch, weitere Kontakte und Informationen über bekannte und vertraute Personen vermitteln. Gehören solche Besuche gar zur Schultradition ihres Gymnasiums, so wird der Kontakt mit der Universität zum selbstverständlichen Teil ihres Bildungsganges. Deshalb ist die enge und kontinuierliche Absprache von für die Partnerschaft verantwortlichen Lehrern und Institutsangehörigen nicht nur organisatorisch selbstverständlich, sondern nach dem Erfahrungshorizont von Gymnasiasten notwendig.

Betrachten wir in diesem Zusammenhang nun die konkrete Situation der Klassischen Philologie an der Universität. Die Fächer Griechisch und Latein haben, auch wenn sie Schulfächer sind, nie so viele Studierende angezogen wie etwa die Neueren Fremdsprachlichen Philologien oder die Gesellschaftswissenschaften, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wer sich heute zum Studium der Klassischen Philologie entschließt, muß bestimmte persönliche Voraussetzungen mitbringen, die sich in vielen Fällen schon während der Schulzeit herauskristallisieren (Latein und Griechisch gehören übrigens unseres Erachtens zu denjenigen Fächern, deren Studienmotivation in der Schulzeit ganz entscheidend geprägt wird durch die Persönlichkeit des unterrichtenden Lehrers und die Qualität des Unterrichts).

Neben intellektuellen Qualitäten wie Sprachbegabung, gutem Gedächtnis, Abstraktionsfähigkeit gehört auch eine gehörige Portion Fleiß und vor allem viel Liebe und Begeisterung dazu, um sich einer wissenschaftlichen Disziplin zu widmen, deren Status in der Gesellschaft - davon war ja schon die Rede - seit langem umstritten ist und die gemeinhin als "schwierig" gilt. Klassische Philologen haben seit jeher einen ganz bestimmten, eher konservativen Ruf, der - sei er berechtigt oder nicht - in der heutigen Gesellschaft eben keinen leichten Stand hat.

Gegen alle Erwartung scheint dennoch ihre Stunde wieder gekommen zu sein. Lateinlehrer werden mittlerweile nicht nur in Berlin, sondern in der gesamten Bundesrepublik wieder dringend benötigt, ja händeringend gesucht. Sehr viele Latein- und Griechischlehrer gehen auf die Pensionierung zu. Der Nachwuchs fehlt, was sicherlich auch auf eine Fehlplanung seitens der für das Bildungswesen verantwortlichen Politiker zurückzuführen ist. Doch liegt hier nun eine große Chance und Herausforderung für die Vertreter der Klassischen Philologie an den Universitäten, zielgerichtet und mit seriösen beruflichen Perspektiven um Nachwuchs zu werben.

Seit einiger Zeit bemüht sich daher das Institut für Griechische und Lateinische Philologie der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Altphilologenverband um eine neue Form intensiver Zusammenarbeit mit Berliner Gymnasien, vorrangig mit dem Ziel, um Nachwuchs zu werben, außerdem aber mit der Intention, Oberstufenschülern, die Latein und/oder Griechisch (Grund- oder Leistungskurse) belegen, beide Fächer einmal von der wissenschaftlichen Seite her vorzustellen. Mehrmals gab es bereits "Tage der Offenen Tür", die neugierige Schüler anlockten und möglicher Weise schon mit dazu beigetragen haben, dass der eine oder andere Schüler zum Studium der Fächer Latein und/oder Griechisch motiviert wurde; einige Schülergruppen wurden außerdem zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen eingeladen, was ebenfalls auf positive Resonanz stieß.


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Seit dem Sommersemester 1999 nun sind diese eher vereinzelten und spontanen Aktivitäten in einer fest installierten Initiative zusammengeführt worden. Der Institutsrat beschloss, für die Zusammenarbeit mit den Berliner Gymnasien zwei Beauftragte (Dr. Fritz Felgentreu und Dr. Stefan Kipf) einzusetzen, deren Aufgabe darin besteht, die diesbezüglichen Aktivitäten des Instituts für Griechische und Lateinische Philologie zu organisieren und zu koordinieren und - was ganz besonders wichtig ist - den für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schule und Universität wichtigen kontinuierlichen Kontakt zu den Berliner Gymnasien auszubauen und interessierten Lehrern als ständige Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Zweimal wurde bereits ein entsprechendes Rundschreiben an viele Berliner Fachkollegen versandt.

In den letzten eineinhalb Jahren haben bei insgesamt 18 Veranstaltungen 14 verschiedene Kursgruppen von acht Berliner Gymnasien das Institut für Griechische und Lateinische Philologie besucht (Jahrgänge 11-13, Grund- und Leistungskurse, Latein und/oder Griechisch). Alle diese Veranstaltungen, die verschiedene Vertreter des akademischen Mittelbaus leiteten, wurden zuvor mit den Fachlehrern durchgesprochen und inhaltlich möglichst genau auf die Bedürfnisse der jeweiligen Schülergruppen abgestimmt. In den eineinhalb- bis zweistündigen Seminarsitzungen gab es Informationen zu Themen wie: wissenschaftliche Arbeit und Forschungsschwerpunkte der Philologie sowie - speziell für Abiturjahrgänge - eine Darstellung der Studienmöglichkeiten, des Studienverlaufs und der beruflichen Möglichkeiten. Zusätzlich wurde aber auch auf den jeweils im Unterricht behandelten Stoff Bezug genommen. Wenn z. B. die Schüler gerade im Unterricht Werke des Horaz lasen, so wurden sie über die handschriftliche Überlieferung, die Entstehung textkritischer Editionen etc. informiert. Es wurden textkritische Ausgaben, Mikrofilme, Handschriftenabbildungen, Faksimilia und philologische Computerprogramme (z. B. Konkordanzen) vorgestellt. So konnten die Schüler nebenbei auch schon die Möglichkeiten kennen lernen, die die Universität ihnen vor dem Studium bieten kann und die ihnen bereits für die Schule nützlich sein können, wie z. B. Bibliotheken und Internetadressen etc. Alle Schüler erhielten zudem jedes mal ein Handout mit einer Zusammenfassung der behandelten Themen.

Erfreulicher Weise konnte auch das dem Institut für Griechische und Lateinische Philologie angehörende Seminar für Mittellateinische Philologie in die Zusammenarbeit mit den Schulen einbezogen werden. Obwohl das Mittellatein kein Schulfach ist und mittellateinische Texte nur einen geringen Anteil am schulischen Lektürekanon behaupten, ist die Integration dieses Faches in diese Veranstaltungen aus zwei Gründen sehr wichtig:

1. Jeder Schüler, der sich in der Oberstufe mit antiken lateinischen Werken auseinandersetzt, sollte wissen, dass das Mittelalter diejenige Epoche ist, welcher man die Überlieferung dieser Texte verdankt. Den meisten Schülern - das wurde deutlich - ist es offensichtlich nicht bewusst, dass die Werke eines Horaz oder Caesar nicht als "normales Buch" aus der Antike zu uns gewandert sind, sondern dass zwischen ihrer Abfassung und ihrer heutigen Gestalt zweitausend Jahre liegen, die ihren unverkennbaren Einfluss auf die Texte ausgeübt haben; dass die Originale zwar unrettbar verloren sind, dass aber durch den Erhaltungswillen und die zur einem hohen Maß an Perfektion geführte Schriftkultur des Mittelalters sowie die philologischen Bemühungen der letzten 500 Jahre Texte überliefert werden konnten, die den Original zumindest sehr nahe stehen:        Habent sua fata libelli!


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2. Oberstufenschüler des Faches Latein sollten die Gelegenheit haben, zumindest einen ansatzweisen Eindruck von der eigenen literarischen Leistung des Mittelalters zu gewinnen - und sei er auch nur quantitativ. Der Hinweis, dass die Menge der im Mittelalter produzierten und aus dieser Zeit überlieferten lateinischen Texte diejenige der antiken um ein Vielfaches überschreitet und zu einem großen Teil überhaupt noch nicht ediert ist, sondern nur in Handschriften oder bestenfalls in alten Drucken vorliegt, rief bei den Schülern großes Erstaunen hervor. Erkennbar wurde ihnen hier eine völlig fremde Welt präsentiert, die durchaus auf Neugierde und Interesse stieß. Besonders positiv ist hier übrigens zu bewerten, dass seitens der Schüler im Anschluss an ihren Besuch im Mittellateinischen Seminar der Wunsch geäußert wurde, einmal im Schulunterricht einen mittellateinischen Text durchzunehmen.

Zusätzlich zu den im Seminar für Mittellatein durchgeführten Veranstaltungen fand im Dezember 1999 eine gemeinsame Exkursion von Schülern, Lehrern, Studenten und Lehrenden der Universität zum Zisterzienserkloster Chorin in Brandenburg statt. Für viele Schüler war dies überhaupt der erste Kontakt mit mittelalterlicher Mönchskultur; völlig unerwartet war für sie die Erfahrung, dass es auch heute noch im Umland von Berlin die Möglichkeit gibt, am Beispiel zisterziensischer Lebensform Kontinuität und Lebendigkeit lateinisch sich ausdrückender Kultur kennen zu lernen. Ja, der eine oder andere Schüler äußerte schließlich sogar Interesse daran, die Angebote des Zisterzienserordens von heute wahrzunehmen.

So geht es bei den im Mittellateinischen Seminar durchgeführten Veranstaltungen primär darum, das Interesse an diesem grundlegenden Fach der Latinistik zu wecken: Das Mittellatein soll als Möglichkeit der intellektuellen Horizonterweiterung präsentiert und deutlich gemacht werden, wie wichtig auch diese sprachliche Epoche für die geistige Herausbildung des modernen Menschen ist, dem sie neben den antiken Traditionen auch das Rüstzeug des Christentums vermittelt hat.

Die Nachbereitung aller bisher am Institut für Griechische und Lateinische Philologie durchgeführten Veranstaltungen brachte eine sehr positive Bilanz auf allen Seiten (höchst erfreulich, dass sogar vier Abiturienten nach einem Besuch am Institut für Griechische und Lateinische Philologie sich endgültig zum Studium der Klassischen Sprachen entschlossen haben). Die beteiligten Schüler, deren Urteil besonders wichtig ist, bestätigten den auch bei Fachlehrern und Universitätsangehörigen entstandenen Eindruck, dass solche Initiativen in der Oberstufe zur Klärung von noch sehr diffusen Interessen und oft völlig unklaren Perspektiven (positiven wie negativen) sehr wichtig sind.

"Die Vorstellung der Studienfächer und der Einrichtungen, die Erklärungen zum Studium selbst sowie viele weitere nützliche Hinweise helfen dabei, die richtige Studienwahl zu treffen und erleichtern den Abiturienten den Zugang zur Universität überhaupt. Gerade das Angebot, diesen direkten Kontakt auch weiter nutzen zu dürfen, beeindruckte unsere Abiturienten sehr. Andererseits gewannen wir den Eindruck, dass auch wir einiges über das Geschehen in der Kursoberstufe der Schule vermitteln konnten. Das Gespräch mit den anwesenden Studenten war ebenfalls sehr förderlich. Das intensive über zwei Zeitstunden dauernde Gespräch war somit für alle Beteiligten sehr nützlich. Solche Gelegenheiten sollten unbedingt wiederholt und zu einer ständigen Einrichtung werden. Das Zusammenwirken der Universität mit den Gymnasien sollte auf jeden Fall vertieft werden, gerade durch derartige Veranstaltungen, die dazu dienen, direkte Informationen zu geben, zu beraten, Hemmschwellen abzubauen sowie den Übergang von Oberschule zur Universität zu erleichtern." (Dr. W. Simon, Canisius-Kolleg Berlin, in einem Schreiben an das Seminar für Klassische Philologie und das Seminar für Mittellateinische Philologie vom 20. Juni 2000). Gerade der von W. Simon angesprochene Aspekt der "Überwindung von Hemmschwellen" sollte an dieser Stelle einmal besonders herausgehoben werden als wichtiger positiver (Neben)Effekt.


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W. Simons Einschätzung, die als repräsentativ für die positive Aufnahme der Initiative des Instituts für Griechische und Lateinische Philologie gelten darf, gibt Ansporn, auf dem einmal eingeschlagenen Weg weiterzuschreiten, ihn natürlich auch noch zu optimieren, etwa durch stärkere Beteiligung von Studenten oder auch dadurch, dass die Vertreter der Universität Gegenbesuche machen, in die Schulen gehen, ihre Fächer dort einmal im Rahmen einer Unterrichtsveranstaltung zu präsentieren oder sich auch in anderer Form mehr in das schulische Geschehen einbinden lassen, um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren - oder vielleicht auch überhaupt erst herzustellen.

Als relativ kleines, derzeit gleichwohl sehr aussichtsreiches Fach hat die Klassische Philologie, vor allem das Latein, sehr gute Chancen, in der Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Maßstäbe zu setzen und in überzeugender Form um Nachwuchs zu werben, was ja - trotz aller Euphorie, die Marburg 2000 gebracht hat - dringend erforderlich ist, wenn der Fortbestand unserer Fächer in Zukunft gesichert sein soll. Es gibt also viel zu tun. Doch gilt zum Glück noch immer: Viribus coniunctis magnas res efficere poterimus!

 

Bernd Linke,

Fachleiter Latein an der Paulsen-Oberschule Berlin, Gritznerstr. 57, 12163 Berlin

Dr. Angelika Lozar,

Seminar für Mittellateinische Philologie der Freien Universität Berlin, Schwendener Str. 1, 14195 Berlin